Thema „Zuhause“ im Bochumer Kunstmuseum
Im Bochumer Kunstmuseum wird heute um 19 Uhr die Ausstellung der Bilder des Vonovia Award für Fotografie eröffnet.
Einen Schwerpunkt der Ausstellung zum Thema „Zuhause“ bilden naturgemäß die Arbeiten der Wettbewerbsgewinner Mona Schulzek, Bastian Thiery, Theodor Barth (Plätze eins bis drei in der Kategorie „Beste Fotoserie“) und Marlene Hoberger („Beste Nachwuchsarbeit“). Drei der vier waren gestern bereits bei der Pressekonferenz vor Ort, zur Eröffung soll Theodor Barth das Siegerquartett vervollständigen.
Der Fokus des Vonovia Award für Fotografie liegt auf dem Themenspektrum „Zuhause“. Dieser als Ausgangspunkt bietet den nominierten Fotografen sowohl im Bereich der etablierten als auch im Bereich der Nachwuchsfotografie eine große Bandbreite an Möglichkeiten. Der Wettbewerb lieferte mehr als 4.000 spannende Ansätze, Vorschläge und Konzepte zum Thema „Zuhause“. Über 340 Kandidaten reichten ihre Serien für den Wettbewerb ein.
Ausstellung bis zum 15. März
Die Ausstellung ist im Kunstmuseum Bochum bis zum 15. März zu sehen. Sie zeigt eine umfangreiche Auswahl aus der Shortlist des Wettbewerbs. Kuratiert wurde die Ausstellung von Dr. Reinhard Spieler, Direktor des Sprengel Museums Hannover, und Dr. Hans Günter Golinski, Direktor des Kunstmuseums Bochum. Insgesamt wurden 33 Serien von einer renommierten Fachjury in den Kategorien „Beste Fotoserie“ und „Beste Nachwuchsarbeit“ nominiert. Die Arbeiten werden erstmals in einer so umfangreichen Ausstellung präsentiert.
Die Ausstellungen zum Vonovia Award für Fotografie werden in diesem Jahr auch in Berlin (8.–30. April) und erstmals in Wien (30. Juni–30. Oktober) präsentiert. Eines ist allen zum Wettbewerb eingereichten Fotoarbeiten gemein: Eine intensive inhaltliche, ästhetische und fotografische Auseinandersetzung mit dem Thema „Zuhause“ steht ganz klar im Vordergrund. Die künstlerische Beschäftigung mit dem Wettbewerbsthema wird zur vielschichtigen Sinnsuche in den Tiefen der eigenen Biografie. Aber auch im Leben von Individuen und Gemeinschaften in unserer unmittelbaren Nachbarschaft oder irgendwo draußen in den Weiten unseres Planeten fanden die Teilnehmer ihre Motive.
Ein Rundgang durch die Ausstellung gibt ausgewählte Einblicke in verschiedene Themen, die charakteristisch sind für den Preis:
Autobiografische Erkundungen
Eine Spurensuche mit der Kamera unternimmt z. B. die Nachwuchsfotografin Charlotte Spiegelfeld. Sie unterzog Menschen und Räume in ihrer Geburtsstadt im österreichisch-ungarischen Grenzgebiet einer facettenreichen fotografischen Revision. In ihrer Serie „Hiding from Baba Yaga“ stellt Nanna Heitmann unterschiedliche Menschen an den Ufern des sibirischen Schicksalsstroms Jenissei vor. Heitmann geht mit ihrer Arbeit zurück zu den Wurzeln ihrer eigenen Familie, die ursprünglich aus Russland kommt. Ins Zentrum ihrer fotografischen Recherche stellte sie die Frage: „Was sind es für Menschen, die trotz schwierigster Bedingungen im hohen Norden geblieben sind und nicht wie einige ihrer Angehörigen den unwirtlichen Ort verlassen haben?“ Heitmann, Shortlistkandidatin 2019 und selbst Preisträgerin des Vonovia Award für Fotografie 2018 in der Kategorie „Beste Nachwuchsarbeit“ und des Leica Oskar Barnack Awards 2019 gehört seit vergangenem Jahr zur renommierten Fotoagentur Magnum.
Orte im Verschwinden
Etliche der Nominierten thematisieren auch die Überformung von Natur oder die Transformation städtischer Brachen durch einschneidende Baumaßnahmen. So etwa Matthias Schneege. Er dokumentiert die Umwidmung des ehemaligen Bremer Seehafens in den neuen Stadtteil „Überseestadt“ in seinen Schwarz-Weiß-Aufnahmen mit unterkühlter Distanz. Mit einer ähnlichen Strategie nähert sich auch Theodor Barth einem dem Untergang geweihten Dorf im Braunkohlegebiet Garzweiler. Seine Aufnahmen entstanden mit einer Drohne. Sie zeigen die bereits weitgehend zerstörten Überbleibsel von aufgegebenen Häusern, Gärten oder Spielplätzen. Das einstige Zuhause der früheren Bewohner ist hier unwiederbringlich verloren.
Soziale Milieus
Der Vonovia Award für Fotografie zeige, so Kurator Dr. Reinhard Spieler, „dass man Zuhause in einem etwas weiter gefassten Sinne auch als ‚Heimat’ verstehen kann. Fotografische Erkundungen der eigenen oder fremden Heimat, der unmittelbaren Umgebung, in der man lebt, oder auch eine Reise mit der Kamera an die längst verlassenen Orte der Kindheit oder Jugend, lassen das Zuhause bei etlichen der FotografInnen und KünstlerInnen als einen Ort der Sehnsucht erscheinen, der mitunter bereits verloren gegangen ist.“
Eine weitere fotografische Strategie, sich dem Thema „Zuhause“ zu nähern, ist das beobachtende Eintauchen in abgeschlossene soziale Milieus. Hier steht weniger das eigene Zuhause im Zentrum als vielmehr der dokumentarisch-analytische Blick auf ein identitätsstiftendes Soziotop spezifischer Personengruppen. Maria Feck beispielsweise untersucht, wie sich amerikanische Ureinwohner in einem erst 2010 neu geschaffenen Reservat auf Long Island mühevoll ihre alten Traditionen zurückerobern. Uli Kaufmann Serie heißt „Marianneneck“. Der Fotograf zeigt, wie das wohnzimmerartige Ambiente einer Berliner Eckkneipe die gestrauchelten Stammgäste zu einer fürsorglichen Notgemeinschaft zusammenschweißt. Jenseits von „Zuhause“ ist die Serie „The boarders“ der Nachwuchsfotografin Lara Ohl angesiedelt. Ohl begab sich in die geschlossene Welt eines englischen Internats. Dort porträtierte sie die aus den Elternhäusern „ausquartierte“ zukünftige Elite des Landes.
Informationen zur Ausstellung und zum Kunstmuseum Bochum gibt es hier.