Spitzenkräfte für Bildermacher
Die Welt der Kamerasysteme für Profis ist im Wandel. Die „Spiegellosen“ nehmen immer mehr Raum ein, die DSLR-Sparte gilt es, weiterhin zu pflegen. Neue Technologien wie Objekterkennung beim Autofokus werden mittlerweile von allen Herstellern unterschiedlich umfangreich genutzt. Die Videofähigkeiten „hybrider“ Systemkameras werden immer umfangreicher. Um hier den Überblick zu bewahren, zeigen wir, auf welche Features man bei der Wahl eines professionellen Kamerasystems schauen sollte. Von Michael Marczok
DSLR oder DSLM?
Nur noch wenige Hersteller wie Nikon, Canon oder Leica gönnen sich ein zweigleisiges Produktportfolio. Dabei haben beide Systeme – noch – ihre Daseinsberechtigung, je nach Anwendung. Was spricht also für ein klassisches Kamerasystem mit Spiegel? Drei Dinge fallen einem da zunächst ein.
Erstens: Ein Autofokus mit eigenem Sensormodul kann besser, weil schneller, mit plötzlichen Objektbewegungen im Motiv umgehen als ein Autofokus, der direkt auf dem Sensor misst. Deshalb sind schnelle DSLR-Kameras wie die Nikon D6 oder die Canon EOS-1D X Mark III nach wie vor die erste Wahl für Sportfotografen.
Zweitens: Der optische Sucher zeigt optisch genau das, was vor der Kamera passiert. Das bevorzugen viele Fotografen weiterhin. Und drittens: Der Sucher ist auch maßgeblich dafür verantwortlich, dass Kameras mit Spiegel deutlich weniger Strom verbrauchen als die Kollegen ohne. Besonders der Fotograf, der viel unterwegs ist – abgeschnitten von der nächsten Steckdose – wird das bedenken.
Die Aspekte, die für eine DSLR sprechen, sind, mit anderem Schwerpunkt, allerdings auch positiv für die DSLM-Kamera zu betrachten. Der Autofokus auf dem Sensor ist immer genau, da auf dem Sensor und damit in der Bildebene gemessen wird. Ein Autofokus-Sensormodul muss sehr präzise ausgerichtet sein, um hier mitzuhalten. Spielen einmal Objektiv und Modul nicht zusammen, ist kein scharfes Bild möglich, das System muss neu ausgerichtet werden. Nicht so bei der DSLM. Auch kann eine Objekterkennung und -verfolgung direkt auf dem Sensor besser realisiert werden, dazu später mehr. Und schließlich kann, da mit den Sensorpixeln auch die Entfernung gemessen wird, prinzipiell jeder Pixel als AF-Messfeld genutzt werden.
In der Praxis ist das nicht sinnvoll, aber die Erhöhung der AF-Messfelder auf bis über 6.000 wie bei der neuen Canon EOS R6 erhöht die Flexibilität der Nutzung des Autofokus für den Fotografen immens. Und weiter ist ein solcher Autofokus in der Lage, bei deutlich weniger Licht zuverlässig zu arbeiten. Die höchste Lichtstärke weist zurzeit der Autofokus der Canon EOS R6 auf.
Der elektronische Sucher ist zwar ein Stromfresser, hat aber auch entscheidende Vorteile. So ist eine Motivbetrachtung auch bei wenig oder sehr wenig Licht möglich. Genauso kann auch die Belichtung simuliert und ein kreativer Bildstil wie Schwarzweiß live im Sucher gezeigt werden. Was hätte man dafür noch vor einigen Jahren gegeben? Kein Vorteil ohne Nachteile: Der elektronische Sucher zeigt immer eine Interpretation des realen Motivs, egal, wie viele Bildpunkte er auch hat. Selbst bei 9,44 Megapixeln wie bei der Sony α7S III sieht man den Unterschied zur Realität.
Mit den neuen Kameras kommen auch neue Akkus heraus, die mit gesteigerten Kapazitäten den höheren Stromverbrauchs bedienen. Ersatzakkus beim Shooting sind dennoch Pflicht.
Die Sensorgrößen
Hier gilt es also, abzuwägen. Wie viele Pixel, also welche Auflösung, benötige ich, wie hoch muss die mögliche ISO-Empfindlichkeit sein, die sich direkt aus der Dichte der Pixel auf dem Sensor ergibt, wie groß und schwer kann die Ausrüstung sein und wie groß ist mein Budget?
Der kleinste Sensor in professionellen Kameras ist der im Micro-Four-Thirds-Standard, ursprünglich entwickelt von Olympus und Panasonic. Der 17,3 x 13 Millimeter große Sensor erreicht aktuell bis 20,4 Megapixel. Das bedeutet, dass es hier die niedrigsten maximal möglichen ISO-Empfindlichkeiten gibt.
Die Gehäuse und auch die Objektive sind kompakt. Bei Olympus ist das seit jeher Firmenphilosophie, und auch Panasonic hält die DC-GH5 kompakt. Event- oder Hochzeitsfotografen sind mit dem Micro-Four-Thirds-Standard gut aufgehoben. Wildlife-Fotografen schätzen den „Brennweitenfaktor“ von 2 im Vergleich zum Vollformat, Reisefotografen die Kompaktheit.
APS-C-Sensoren mit 23,5 x 15,6 Millimetern kommen ebenfalls in professionellen Kameras zum Einsatz. Sie sind groß genug, um …
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