„Sich einfach mal trauen“

Der Filmemacher Dennis Schmelz über den Bewegtbildmarkt, den Vorteil kleiner Produktionen, die Frage, wie man Emotionen transportiert, und den Einstieg ins Genre ohne Nerd-Know-how.

Motiv aus Grönland

digit!: Dennis, du bist 31 und produzierst bereits seit ein paar Jahren Filme für internationale Kunden. Wie kam es dazu?

Dennis Schmelz: Ich habe meine Ausbildung in einer Medienagentur gemacht, die Filme für öffentlich-rechtliche Anstalten produzierte, und dort gelernt, Zeitpläne einzuhalten und auf den Punkt zu arbeiten. Der kreative Aspekt kam mir dabei allerdings zu kurz, deshalb habe ich mich vor sieben Jahren selbstständig gemacht.

Du arbeitest viel für die Tourismusbranche, machst Reisevideos und Imagefilme für Reedereien und Airlines, aber auch Musikvideos und Werbefilme. Wie bist du an deine Kunden gekommen?

DS: Mit „Interrail“ hatte ich gleich zu Beginn einen großen Kunden, für den ich Aufnahmen in ganz Europa erstellt habe. Das war schon mal eine gute Referenz. Darüber hinaus habe ich meine Arbeiten massiv über die Social-Media-Kanäle und meinen Vimeo-Kanal gespielt, war auf Messen präsent und habe mehrere Pitches gewonnen.

Du drehst mit DSLM-Vollformatkameras. Warum?

DS: Gelernt habe ich das Filmen mit schweren Schulterkameras, da waren riesige Teams erforderlich für Ton, Fokus-Pulling, Licht etc. Meine privaten Projekte habe ich aber schon damals mit einer Vollformat-DSLR gedreht, um den Aufwand gering zu halten, vor allem aber, weil sie den typischen Kinolook ermöglichte. Inzwischen bin ich auf das Sony-System umgestiegen. Ich habe auch noch eine Super-35-mm-Cinema-Kamera von RED im Schrank liegen, die nutze ich allerdings kaum. Ich habe einfach die Erfahrung gemacht, dass ich mit kleiner Technik viel spontaner und kreativer arbeiten kann. Kameras wie die neue Sony A7S III sind inzwischen so gut in Sachen Low-Light-Performance, dass man selbst nachts mit dem vorhandenen Licht drehen und Lichtakzente im Zweifel mit einer kleinen LED-Leuchte setzen kann. Hinzu kommt: Kleine Kameras wirken weniger einschüchternd. Das ist wichtig, wenn ich Menschen spontan einbinde, was in meinen Filmen fast immer der Fall ist. Ich bin überwiegend mit kleinen Teams unterwegs, da ist man viel wendiger und kann auch mal vom Skript abweichen.

Abweichen vom Skript, das ist die Kür. Wie aber sieht die Pflicht aus, sprich: Wie planst du einen Film?

DS: Wenn die Idee grob steht oder eine konkrete Kundenanfrage kommt, lasse ich mich zunächst bei Google, Instagram, Vimeo oder YouTube inspirieren. So bekomme ich ein Gefühl für Locations und Protagonisten. Dann erstelle ich ein Moodboard, das ich auch für die Kundenkommunikation nutze. Parallel dazu entwickele ich die Geschichte. Dann schreibe ich das Treatment – eine ca. vierseitige Storyline, die auch Mood-Bilder enthält, um die Bildsprache und den Look zu umreißen. Das hilft mir auch in meiner Funktion als Kameramann.

Was reizt dich besonders? Die Story-Entwicklung, die eigentliche Produktion oder das fertige Produkt?

DS: Ganz klar der fertige Film. Das Handwerk selbst kann Spaß machen, aber es gehört eben auch viel Vorbereitung und Organisation dazu. In einen Film von wenigen Minuten stecken, grob gesagt, zweieinhalb Tage Vor- und ebenso viel Postproduktion. Man muss sich das wie einen Eisberg vorstellen: Der fertige Film ist das, was man sieht. Darunter stecken aber jede Menge anderer Dinge: Buchhaltung, Requisiten, Recherche, Genehmigungen, Casting, Absprachen, Location-Scouting usw.

Wie gehst du bei der Ortssuche vor?

DS: Das meiste lässt sich heute sehr gut digital recherchieren. Mit Google Earth kannst du in Landschaften und Großstädte hineinzoomen, mit Streetview die Vogelperspektive von Drohnenshots simulieren. Außerdem gibt es Programme, die den genauen Stand der Sonne bestimmen lassen. So lässt sich beispielsweise genau vorhersagen, …


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