Die LOBA-2023-Shortlist steht fest
Zwölf Finalisten stehen auf der Shortlist des international renommierten Fotowettbewerbs Leica Oskar Barnack Award (LOBA) 2023.
Der Wettbewerb geht in diesem Jahr in seine 43. Runde. Ausgewählt wurde die Shortlist in bewährter Weise auf der Grundlage der eingereichten Vorschläge von rund 60 renommierten Experten der internationalen Fotografieszene aus mehr als 30 Ländern. Aus diesen Vorschlägen hat dann die diesjährige Jury im zweiten Schritt die LOBA Shortlist bestimmt.
Teil der Shortlist ist auch der Leica Oskar Barnack Award Newcomer, der an einen Fotografen unter 30 Jahren geht und in Kooperation mit bedeutenden internationalen Fotoinstitutionen und Hochschulen aus 15 Ländern ausgewählt wurde.
Am 12. Oktober werden die Gewinner in der Haupt- und in der Newcomer-Kategorie mit der Preisverleihung in Wetzlar im Rahmen eines großen Fests der Fotografie geehrt. Im Anschluss an die Preisverleihung werden alle LOBA-Serien im Ernst Leitz Museum in einer beeindruckenden Ausstellung mit freundlicher Unterstützung durch WhiteWall und in einem begleitenden umfangreichen Katalog präsentiert.
Nach der Ausstellung in Wetzlar wird der LOBA 2023 in weiteren Leica Galerien und auf Fotofestivals weltweit zu sehen sein.
Der LOBA gehört zu den hoch dotierten und renommiertesten Auszeichnungen im Bereich der Fotografie: Der Gewinner des LOBA erhält 40.000 Euro und eine Leica Kameraausrüstung im Wert von 10.000 Euro. Der Newcomer Award ist mit 10.000 Euro und einer Leica Q3 dotiert.
Der diesjährigen Jury gehören an: Caroline Hunter, Bildredakteurin „The Guardian Saturday Magazine“ (Großbritannien); Whitney Hollington Matewe, Bildredakteurin „TIME Magazine“ (USA); François Hébel, Kurator (Frankreich); Luca Locatelli, Fotograf (Italien) und Karin Rehn-Kaufmann, Art Director und Generalbevollmächtigte der Leica Galerien International (Österreich).
Die Fotografen der Shortlist
Eric Bouvet: Elevations
Berge, Gletscher und ein unerklärlicher Nagel: Als Hommage an die Frühzeit der Fotografie erarbeitete der französische Fotograf (*1961) in den letzten drei Jahren seine Serie mit einer großformatigen 20×25-Kamera und einem historischen Fotografieverfahren aus dem 19. Jahrhundert. Umso aktueller ist jedoch der Blick auf schwindende Eiszonen und klimatische Veränderungen der französischen Alpenlandschaften rund um den Mont Blanc, die er mit dem aufwendigen Verfahren in monumentalen Motiven eingefangen hat.
Ismail Ferdous: Sea Beach
Das bunte Leben am Strand: An der Südspitze Bangladeschs liegt Cox’s Bazar. Der beliebte Anlaufpunkt für viele Bewohner des Landes erstreckt sich entlang des Golfs von Bengalen und gilt als kultureller Schmelztiegel, denn dort suchen Menschen aus den unterschiedlichsten Gesellschaftsschichten für einen Moment Entspannung und Erholung. Der in New York lebende Fotograf (*1989) stammt selbst aus Bangladesch und kehrte an diesen besonderen Ort zurück, um die Strandgäste und die besondere Stimmung in leuchtenden Farben einzufangen.
Johanna-Maria Fritz: A Grave in the Garden
: Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine begann am 24. Februar 2022. Bereits zwei Tage danach startete die deutsche Fotografin (*1994) in den umkämpften Gebieten mit ihrer dokumentarischen Arbeit. Die Aufnahmen der Serie entstanden innerhalb eines Jahres an verschiedenen Orten und zeigen die Schrecken des Krieges und die grausamen Folgen für die Bevölkerung. Die bedrückende Reportageserie gibt direkte ungeschönte Einblicke in den Alltag der Menschen, die jeden Tag um ihr Überleben kämpfen.
Natela Grigalashvili: The Final Days of Georgian Nomads
: Seit 2013 erforscht und beobachtet die georgische Fotografin (*1965) dörfliche Gemeinschaften in Adscharien, einer der außergewöhnlichsten Bergregionen Georgiens. Alte Traditionen und nomadische Lebensweisen haben sich dort bis heute erhalten, doch die schwierige soziale und wirtschaftliche Lage verändert die Region immer mehr. Die Menschen ziehen fort, ganze Dörfer sind verlassen, und damit geraten auch die alten Traditionen weiter in Vergessenheit.
Jonas Kakó: The Dying River
: Einst erstreckte sich der Colorado River auf einer Länge von 2.000 Kilometern von den Rocky Mountains bis zum Golf von Kalifornien, doch in den letzten Jahrzehnten führte die Wasserentnahme für die Landwirtschaft und für stetig wachsende Städte zum Austrocknen. In seiner Serie zeigt der deutsche Fotograf (*1992) den Kampf ums Wasser, von dem rund 44 Millionen Menschen abhängig sind. Besonders für das indigene Volk der Cucapá, die im Colorado-Delta leben, ist die Zukunft dramatisch: Ohne den Fluss stirbt auch ihre Kultur.
Ziyi Le: New Comer
: Der chinesische Fotograf (*1993) startete sein Projekt über Weibo, ein Twitter-ähnliches Portal für Kurznachrichten in China, über das er Interessierte für die sensible Porträtserie fand. Für ihn sind die inszenierten Fotoshootings auch eine Reflexion über seine eigenen Selbstzweifel und das Gefühl von Entfremdung und geistiger Leere. Entstanden ist ein berührendes Porträt der „New Comer“, einer Generation auf der Suche nach ihrem Platz in der Gesellschaft, nach persönlicher Weiterentwicklung.
Edu León: Unearth the Memory
: Der spanische Fotograf (*1977) lebt seit über zehn Jahren in Lateinamerika. Er fotografierte die für den LOBA eingereichte Serie in den von bewaffneten Konflikten in Kolumbien am stärksten betroffenen Gebieten Buenaventura, Cacarica, La Ciénaga und El Salado. Mit seinen Protagonistinnen entwickelte er Motive als eine Art Erinnerungsarbeit, um den Frauen und ihren Erfahrungen Sichtbarkeit zu geben. Es sind Bilder des Schmerzes, aber auch der Hoffnung für eine friedlichere Zukunft in dem von Gewalt durchzogenen Land.
Rania Matar: Fifty Years Later
: Noch immer leidet der Libanon unter den Folgen des Bürgerkriegs, der vor 50 Jahren begann. Nach brutalen Auseinandersetzungen, korrupten Regierungen und monatelanger Abriegelung während der Covid-Pandemie stürzten 2020 die Explosionen im Hafen von Beirut das Land noch tiefer in den Abgrund. In ihrer Serie widmet sich die im Libanon geborene amerikanische Fotografin (*1964) den Frauen: Aufnahmen ihrer Präsenz, Kreativität, Stärke, Würde und Widerstandsfähigkeit stehen stellvertretend für die Hoffnungen, Träume und Ängste einer ganzen Generation.
Gustavo Minas: Liquid Cities:
Menschen an Orten des Transits: Die Aufnahmen des brasilianischen Fotografen (*1981) sind bestimmt von Gefühlen der Isolation, der Entfremdung oder sogar der Angst. Indem er oft Spiegelungen in seine Aufnahmen integriert, erfasst der Fotograf mehrere Schichten der Realität, die durch unterschiedliche persönliche Bedürfnisse verschiedener sozialer und gesellschaftlicher Gruppen definiert sind. Entstanden ist die spannende Serie in verschiedenen Städten, vor allem in Amerika, aber auch in europäischen Metropolen.
Seamus Murphy: Kingdom
: Seit über 35 Jahren lebt der irische Fotograf (*1959) in Großbritannien. Er schätzt die britische Höflichkeit gepaart mit anarchischer Exzentrik. Der Brexit ließ ihn sein Verhältnis zu dem Land überdenken, und er begann, Details, alltägliche Gesten und öffentliche Rituale neu zu sehen. So entstand seit 2016 eine Serie voller bitterböser Ironie, Empathie und Kritik an den sozialen und gesellschaftlichen Verhältnissen. Als passenden Soundtrack für seine Aufnahmen schlägt der Fotograf den Klang einer schrägen Militärkapelle vor.
Jordi Ruiz Cirera: On This Side There Are Dreams, Too:
Ausgangspunkt für die Serie war das Alltagsleben der Menschen an der nördlichen Grenze Mexikos, einer Region, die sich über 3.000 Kilometer von Tijuana am Pazifik bis zum Golf von Mexiko erstreckt. Zumeist taucht die Grenzregion in den Schlagzeilen der Medien auf, wenn über Gewalt und Migrationskonflikte berichtet wird. Der spanische Fotograf (*1984) richtete in seiner stillen Serie den Fokus hingegen auf die Hoffnungen und Träume, die Alltagsgeschichten und die besondere Landschaft.
Laetitia Vançon: Tributes to Odesa.
Die Serie entstand im Juni 2022 in Odessa und in der Region rund um die ukrainische Stadt, einem symbolträchtigen und strategisch wichtigen Ort für beide Seiten des Krieges. Der russische Angriffskrieg währte schon Monate, die Stadt war getroffen, aber widersetzte sich den Angriffen. Die in München lebende französische Fotografin (*1979) fing in ihrer Reportage ruhige, einfache Alltagsmomente ein, die zeigen, wie sich die Menschen an ihre täglichen Routinen klammern, um ein Gefühl der Normalität wiederzuerlangen.
Alle Bildserien der Shortlist sind ab sofort hier zu sehen.