Das Leiden der Großen

Oder was Fotografen wirklich wollen. Von Stefan Steib

Bis 2006 war alles einfacher für fotografierende Menschen. Aber so wie Karl Kraus nach Wien wollte, wenn die Welt untergeht, weil dort alles 50 Jahre später passiert, haben viele Fotografen, aber auch Hersteller von Fotogeräten, den Böller nicht wirklich gehört. Das iPhone änderte eigentlich alles. Unmittelbar nachdem die bisher Kameras benutzende Menschheit anfing, direkt aus dem „Handy“ alles Mögliche ins Internet hochzuladen, wuchsen neue Strukturen. Social Media blühte auf, Bilder-Mails direkt aus der Situation und Messenger wuchsen zu enormen Pixelschleudern an. Den Profi juckte noch nicht, was die Amateure so trieben, das war ja nicht wichtig, man konzentrierte sich auf immer besser werdende digitale DSLRs und Mittelformat-Rückteile mit immer größerer Auflösung – schneller, höher, weiter – alles schien wie immer.

Allerdings bewegte sich im Windschatten dieser Neuformatierung des Marktes für Bildkonsum in Mengen auch etwas anderes: Die Werber folgten wie Raubtiere der Herde, und das Online-Marketing riss der Printwerbung Batzen aus dem Leib. Allein von den Brosamen der Werbung und Verlinkung dafür wuchs Google zu einem Giganten und zu einer der wertvollsten Firmen der Welt. Parallel dazu erschienen Full-HD-, 4K- und jetzt schließlich 8K-Betrachtungsgeräte.
Zusätzlich beeinträchigte dann noch die spiegellose Revolution bei den Kameras das Geschäft von Großherstellern wie Canon und Nikon.Das ursprünglich von Olympus und Panasonic erdachte Four-Thirds-, später Micro-Four-Thirds-Konzept, war so genial richtig, dass die nur teildigitalen Spiegelreflexkameras dagegen altbacken aussahen. Und das, obwohl sie immer noch am besten fokussieren, richtig schnell sind und auch robust (was ein Wunder ist, wenn man bedenkt, was da für winzige mechanische und elektronische Bauteile in einer wilden Interaktion von Tausenden Bauteilen zusammenspielen).
Aber sie sind eben auch teuer zu bauen, kompliziert zu reparieren und voluminös. Das längere Auflagemaß verlangt größere Optiken (eigentlich, aber das ist eine andere Geschichte), und man kann eben schlechter mit Adaptern fast beliebige Fremdobjektive benutzen. Sony kaufte Minolta und nahm dann einige Jahre Anlauf, bis sie dann zuerst das E-Mount für APS-C und später dann die ersten Vollformatkameras herausbrachten – bis heute ist jetzt die „dreieinhalbte“ Generation erschienen.

Schweres Atmen

Von Canon und Nikon hörte man nichts, außer vielleicht ein schweres Atmen aus den Vorstandsetagen. Die Supertanker nahmen sich Zeit für eine gründliche Überlegung, um dann aber im Herbst 2018 beide spiegellose Vollformatkonzepte zu präsentieren: Canon die EOS R, Nikon die Z. Wie erwartet…


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