Juristische Fallstricke

Medienrechtsanwalt Sebastian Deubelli über juristische Fallstricke von KI-Bildern und eine wegweisende Urheberrechtsklage.

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digit!: Herr Deubelli, am 11. Juli 2024 beginnt hierzulande der erste Prozess, in dem sich ein Fotograf dagegen wehrt, dass seine Bilder zum Training von KI-Bildgeneratoren verwendet wurden. Sie vertreten den Stockbildfotografen Robert Kneschke in dieser Angelegenheit. Worum geht es genau?

Sebastian Deubelli: Die Klage vor dem Landgericht Hamburg richtet sich gegen den Verein LAION e. V., der ein Bild meines Mandanten Robert Kneschke, eines Stockbildproduzenten, ungefragterweise in einen Datensatz übernommen hat, der für das Training generativer KI-Tools erstellt wurde.

 Was kommt aus Ihrer bzw. der Sicht Ihres Mandanten optimalerweise dabei heraus?

SD: Wenn wir gewinnen, würde das dazu führen, dass die verbreitete Praxis, KI an nicht lizenziertem Bildmaterial zu trainieren, als unrechtmäßig gelten müsste. Zunächst einmal würde das LAION e. V. selbst betreffen. Ob das auch auf KI-Tools wie Stable Diffusion durchgreift, das wesentlich auf dem „LAION 5B“-Datensatz trainiert wurde, ist eine andere Frage. Immerhin aber würde der Druck auf die Anbieter generativer KI wachsen, sich mit dem Thema Urheberrecht auseinanderzusetzen und die gängige Praxis irgendwann einzustellen.

Warum strengen Sie die Klage ausgerechnet gegen den gemeinnützigen Verein LAION e. V. an?

SD: Das hängt damit zusammen, dass der besagte Datensatz derzeit der einzige ist, der sich mit Blick auf die Urheber durchforsten lässt – und wir reden hier immerhin von mehr als 5,5 Milliarden Bildern. Durch den jetzt verabschiedeten AI Act der EU werden künftig aber alle Anbieter verpflichtet, im Rahmen einer Transparenzpflicht Trainingsdaten offenzulegen.

Dabei geht es um handfeste wirtschaftliche Interessen. Urheber könnten für die Lizenzierung ihrer Bilder zu Trainingszwecken eine Nutzungsgebühr verlangen.

SD: Das ist richtig.

Wie könnte eine Entlohnung der Trainingsbildlieferanten aussehen? Wäre ein Streaming-Modell wie bei Spotify denkbar?

SD: Das Modell lässt sich so nicht eins zu eins übertragen. Nehmen wir mal den Datensatz von LAION, zum einen haben sie da eine unglaubliche Menge an Urhebern, die sie vergüten müssten. Zum anderen liegt – anders als bei Spotify & Co – keine unmittelbare Verwertung der urheberrechtlich geschützten Werke vor: Bei der generativen KI existieren im Zweifel viele weitere Zwischenstufen, ehe es zu einer Wertschöpfung kommt. Wie ein Vergütungsmodell aussehen könnte? Ich weiß es nicht. Allerdings arbeiten Verwertungsgesellschaften wie die VG Bild-Kunst an entsprechenden Modellen. Im Zweifel könnte es ähnlich laufen wie bei Adobes KI-Anwendung Firefly, die als derzeit einzige bildgebende KI-Lösung auf lizenziertem Stockmaterial basiert. Die Urheberinnen und Urheber erhalten hier laut Adobe eine Vergütung dafür, dass an ihren Werken trainiert wird. Wenn das Lizenzmodell auf breiter Front kommen sollte, …

 


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