BFF fordert Diskussion über KI-Technologien
Der Berufsverband Freie Fotografen und Filmgestalter (BFF) fordert eine gesellschaftliche Debatte zu den Auswirkungen von KI.
Dazu hat der BFF folgende Stellungnahme abgegeben:
„KI-Text-Tools wie ChatGPT sorgen gegenwärtig für Schlagzeilen. Weniger Aufmerksamkeit finden hingegen KI-Bildgeneratoren, die seit 2022 enorme Fortschritte machen – und das Potenzial haben, die Kreativwirtschaft nachhaltig zu verändern. Die Fotografinnen und Fotografen im Berufsverband Freie Fotografen und Filmgestalter (BFF) zählen seit jeher zu den Kreativen, die innovative Technologien stilprägend in ihre Arbeit integrieren – von der Werbefotografie über Reportage, Mode- und Porträt- bis hin zu künstlerischer Fotografie. Doch KI-Bildgeneratoren sind weit mehr als nur eine neue Technologie, denn sie nutzen die Werke von Urheber:innen, um mittels DeepLearning daraus neue Bilder zu erzeugen und zu vermarkten.
Mit dieser Stellungnahme zu KI-Bildgeneratoren & Data Mining möchte der BFF dazu beitragen, die öffentliche und politische Diskussion auf eine breitere Basis zu stellen. Insbesondere geht es nach Einschätzung des BFF darum, das Augenmerk auf durch die KI-Technologie veränderten Bedingungen für Urheberrecht, Persönlichkeitsrecht und Verwertungsrechte von professionellen Fotograf:innen und Filmschaffenden zu lenken. Und für diese Rechte einzutreten.
Schutz des Urheberrechts: KI-Bildgeneratoren nutzen urheberrechtlich geschütztes Material. Allein für die gegenwärtig maßgebliche Datenbank Laion-5b wurden nach Angaben der Entwickler 5,85 Milliarden Bilder erfasst, um die KI der Bildgeneratoren zu trainieren. Die Nutzung erfolgte ohne Wissen und Zustimmung der Urheber:innen. Sie müssen mitansehen, wie ihre eigenen Werke durch eine fremde Technologie wirtschaftlich ausgewertet und von ihr für eigene Zwecke fruchtbar gemacht werden. Das ist eine Ungerechtigkeit.
Schutz der Persönlichkeitsrechte: Die Nutzung der Trainingsdaten verletzt außerdem die Bild- und Persönlichkeitsrechte einer immens großen Zahl von natürlichen Personen. Das reicht von Menschen-Aufnahmen – beispielsweise auch von besonders schutzbedürftigen und daher auch gesetzlich streng geschützten Personengruppen wie Kindern – bis hin zu Urheberpersönlichkeitsrechten.
Schutz der Verwertungsrechte: Die Betreiber der KI-Bildgeneratoren verfolgen das Ziel, mit der Technologie wirtschaftliche Vorteile zu gewinnen. Dazu nutzen sie Material, für das sie bislang keine Vergütungen geleistet haben. Das Urheberrecht soll dem Urheber eine angemessene Vergütung für die Nutzung seines Werkes sichern. Dieser Grundsatz wird hier missachtet. Denn es gibt bislang keinerlei Absichtserklärung, die Kreativen an den erwartbaren großen Erlösen zu beteiligen.
Gesetzliche Regelungen zum Schutz der Werke und der Wirtschaftlichkeit sind unumgänglich.
Nach unserer festen Überzeugung brauchen Künstler:innen und Kreative einen verlässlichen gesetzlichen Rahmen, der die Rechte der Kreativwirtschaft wahrt:
• zum Schutz bestehender und zukünftiger Werke, die von Menschenhand resp. Kreativen geschaffen wurden
• zur Kennzeichnung von mit KI erzeugten Bildern und anderen Werken
• zur Beteiligung an Gewinnen aus jeglicher Nutzung des für die KI verwendeten Materials.
Es braucht eine differenzierte öffentliche Debatte über den Umgang mit den neuen technischen Möglichkeiten. Es braucht Klarheit über die Aufgaben, die sich der Gesellschaft im Umgang mit den ethischen Herausforderungen durch die KI stellen.
Zur wirtschaftlichen Bedeutung der Kreativwirtschaft
Seit mehr als 100 Jahren bildet das Urheberrecht die Basis für die Wertschöpfung der deutschen Kreativbranche. In der Kreativwirtschaft arbeiten 1,8 Millionen Menschen – mit einer Bruttowertschöpfung von mehr als 100 Milliarden Euro pro Jahr. Die ungeschützte disruptive Veränderung der Kreativwirtschaft hat das Potenzial, einer signifikant hohen Anzahl kreativ tätiger Menschen die wirtschaftliche Basis zu entziehen – und damit ein wesentliches Element unserer pluralistischen Gesellschaft entscheidend zu schwächen.
BFF unterstützt Stellungnahmen von Ethikrat und der AOP (Association of Photographers, UK)
Der Deutsche Ethikrat hat am 20. März 2023 eine Stellungnahme zur KI veröffentlicht. In der Pressemeldung dazu heißt es: „Bei Regelungen zur KI muss den Anforderungen an Sicherheit und Schutz vor Missbrauch, Datenschutz sowie dem Schutz von intellektuellem Eigentum und Geschäftsgeheimnissen in angemessener Weise Rechnung getragen werden.“ Und weiter: „Ziel und Richtschnur ethischer Bewertung muss immer die Erhöhung menschlicher Autorschaft sein.“ Dieser Empfehlung des Ethikrates schließt sich der BFF an.
Der AOP, die britische Schwesterorganisation des BFF, formuliert: „Wir müssen unbedingt die Rechte der Fotografen als menschliche Schöpfer in den Mittelpunkt stellen und sicherstellen, dass sie weiterhin Anreize haben, originelle und visionäre Bilder zu schaffen. Der Wunsch nach wirtschaftlichem Wachstum durch KI und damit verbundene Technologien sollte nicht auf Kosten der bereits sehr erfolgreichen britischen Kreativwirtschaft gehen. KI sollte die Kreativbranche unterstützen und nicht mit ihr konkurrieren.“ Auch diese Einschätzung teilt der BFF.
Im Schulterschluss mit anderen Verbänden der Kulturwirtschaft bietet sich der BFF als Kompetenzpartner an, um ethisch-rechtliche Vorgaben zur Nutzung von KI-Technologien zu entwickeln – und gemeinsam die Voraussetzungen zu schaffen, dass KI-Wirtschaft den Kreativ-Kulturschaffenden wirkliche Chancen bietet.“
Die BFF Justiziarin Dorothe Lanc informiert zum Thema:
„KI- Bildgeneratoren: Chance oder Bedrohung für Fotografen?
Zwei Buchstaben sind derzeit in aller Munde: KI – das Akronym für künstliche Intelligenz. Unter KI versteht man eine autonom lernende Software, die unter Einbeziehung von Daten komplexe Auswahlprozesse durchführt. Sie ist in der Lage, zu lernen und auf Basis des Gelernten autark Entscheidungen zu treffen.
Für den Betrieb und die Weiterentwicklung einer KI sind Trainingsdaten eine notwendige Voraussetzung. Es handelt sich um aufbereitete Rohdaten in unterschiedlichen Formaten, wie z.B. Bilddateien. Sie werden in KI-Systeme eingespeist, damit die KI anhand dieser Daten das vorformulierte Ergebnis umsetzt.
KI-gesteuerte Bildgeneratoren sind in den letzten Wochen in den Fokus der Diskussion von Fotografen gerückt. Zu KI-Generatoren gibt es viele Fragen und leider nur wenige, zudem mitunter unbefriedigende Antworten.
Was machen KI-Bildgeneratoren?
KI-Technologien findet man u.a. auch im Bildbereich. Ihr Vorgehen ist gleichsam faszinierend wie beängstigend: Bildgeneratoren wie Midjourney, Stable Diffusion, Dall-e u.a. tragen Milliarden von Informationen aus im Internet veröffentlichten Bildern einschließlich ihrer Meta-Daten zusammen, um ihre Algorithmen zu füttern. Sie lernen dabei die Bedeutung der Bildinhalte sprachlich zu verstehen und eine Beziehung zwischen Abbildung deren Bezeichnung herzustellen.
User können dann mehrere Begriffe in den Bildgenerator eingeben, anhand derer der Bildgenerator ein neues Bild erzeugt. Dies ist mehr oder weniger zufällig und kann bei wiederholter Eingabe derselben Begriffe wiederum ganz anders aussehen.
Was bedeuten KI-Generatoren für den Berufsstand der Fotografen?
Der Einsatz von KI-Generatoren begründet eine Innovation, die im Internet veröffentlichten Fotografien einen ganz neuen, zusätzlichen wirtschaftlichen Stellenwert gibt. Denn neben ihrer bisherigen Nutzung zu Kommunikationszwecken, werden online veröffentlichte Fotos nunmehr auf eine ganz neue Art und Weise ausgewertet, indem sie KI-Generatoren trainieren. Die Nutzung von Fotos zu Trainingszwecken einer KI stellt damit eine ökonomische Ausbeutung dar, für die deren Bildurheber bisher weder eine Zustimmung erteilt noch eine Kompensation erhalten haben.
Später folgend droht womöglich der Existenzverlust vieler Fotografen. Denn viele Fotografen befürchten, dass sie überflüssig werden, weil bisherige Kunden und Auftraggeber womöglich anhand von KI-Bildgeneratoren rechtefreie Bilder aus ihrem Bildmaterial und dem unzähliger anderer Bildurheber erstellen könnten.
Fotografen haben daher ein Interesse daran, die Nutzung ihrer Fotos zum Training von KI-Systemen zu unterbinden. Bisher mangelt es aber diesbezüglich an tragfähigen Schutzkonzepten.
Zwar wird mitunter argumentiert, es sei seit jeher existierende Praxis, dass Künstler sich von Werken anderer Künstler inspirieren ließen, sich dazu mit Werken fremden auseinandersetzten, sie betrachteten und analysierten, um daraus in der Folge eigene Werke zu schaffen. KI-Generatoren machten daher nichts anderes.
Diese Auffassung verkennt jedoch, dass KI urheberrechtlich geschützte Werke im Wege von Machine Learning seelenlos unter Erfassung aller technisch beschreibbaren Details mit Akribie und exakter Präzision analysiert. KI entwickelt dabei keine menschliche Phantasie und Inspiration, um etwas Neues zu erschaffen. Vielmehr entnimmt KI den Gehalt der analysierten Werke, um dessen Versatzstücke – gleich einem Sampling – neu zusammenzufügen.
Dürfen fremde Werke zum Training von KI benutzt werden?
Eine der für Fotografen aktuell wohl wichtigste Frage ist, ob sie in ihrer Eigenschaft als Bildurheber und Lichtbildner in ihren Urheberrechten dadurch verletzt sind, dass ihre im Internet veröffentlichen Fotos zum Training von KI benutzt werden. Hierzu ist zunächst die Arbeit von KI-Bildgeneratoren weiter zu untersuchen.
Wie arbeitet, lernt und trainiert ein KI-Bildgenerator?
Bildgeneratoren tragen mittels „Scraping“ Milliarden von Informationen aus im Internet veröffentlichten Bildern zusammen, um ihre Algorithmen zu füttern und zu trainieren. Web- bzw. Screen-Scraping bedeutet so viel wie aus dem Internet bzw. vom Bildschirm „kratzen“. Im Internet öffentlich zugängliche Drittinformationen, wie Bilder und dazugehörige Beschreibungen, werden gezielt durchsucht, analysiert, ausgelesen und für die anschließende Bildgenerierung strukturiert.
Mit Scraping-Technologien hat sich die deutsche Rechtsprechung bisher nur im Bereich des E-Commerce auseinandergesetzt, etwa wo Vergleichsportale für Flugreisen, Autokäufe etc. auf Anfrage eines Nutzers Daten und Preise aus den Websites der verschiedenen Anbieter „abkratzen“ und zusammentragen.
Die Rechtsprechung diskutierte hierzu nur die Frage, ob die Rechte das Datenbankherstellers (§§ 87a ff UrhG) betroffen seien. Allerdings zielt dieses Recht nur auf den Investitionsschutz des Datenbankherstellers, da Datenbankhersteller keine Urheber i.S.v. § 7 UrhG sind. In der Rechtsprechung ist umstritten, ob das Scraping die Rechte das Datenbankherstellers überhaupt verletzt.
Wie ist „Scraping“ urheberrechtlich zu bewerten?
Bildgeneratoren beschäftigen sich mit Fotos und Bildern. Deren Urheber sind Fotografen und Künstler. Bei der Frage, ob deren Urheberrechte verletzt werden, ist zunächst einmal zu untersuchen, wie das Scraping technisch erfolgt. Nur wenn dabei urheberrechtlich geschützte Werke kopiert bzw. Teile daraus entnommen werden, könnte darin eine urheberrechtlich relevante Vervielfältigungshandlung bestehen.
Betrachtet und analysiert die KI diese Bilder hingegen nur, um Merkmale zu erfassen und Muster zu errechnen, kann dies anhand des geltenden Urheberrechts nicht verboten werden. Denn computerbasierte Analysen sind keine urheberrechtlich relevanten Handlungen. Sie betreffen nur den faktischen Informationswert, der in einem Bild enthalten ist. Und Informationen selbst sind nicht durch das Urheberrecht geschützt. Denn Informationen sollen gemeinfrei bleiben, um der öffentlichen Diskussion und gesellschaftlichen Fortentwicklung zu dienen. Urheberrechtlich geschützt ist immer nur das Werk in seiner Gesamtheit sowie seiner Schöpfungshöhe, also die Aufbereitung der Information in ihrer konkreten Zusammenstellung.
Aber selbst wenn die KI Kopien anfertigte, wären nur solche Handlungen urheberrechtlich relevant, die sie zur Vorbereitung der automatisierten Auswertung vornimmt und dabei geschützte Werke nutzt. Denn nur wenn das Ausgangsmaterial selbst urheberrechtlich geschützt ist, kann eine urheberrechtlich relevante Handlung vorliegen. Nur wenn ein Werk i.S.d. UrhG vorliegt, gibt es dazu einen Urheber, der in seinen Rechten verletzt sein könnte. Keine urheberrechtlich relevante Handlung liegt also etwa dann vor, wenn reine Daten in Form von Sachinformationen, nicht aber der geistig-schöpferische Inhalt der analysierten Digitalisate genutzt wird.
Umgekehrt werden aber oftmals ganze urheberrechtlich geschützte Werke in ein analysefähiges Digitalisat umgewandelt, was üblicherweise durch Vervielfältigungen erfolgt. Dies kann etwa dann notwendig sein, um die unterschiedlichen Dateiformate anzugleichen, die Inhalte in einen maschinenlesbaren Text umzuwandeln sowie zu kategorisieren, einen Daten-Korpus zu bilden und diese Informationen später algorithmisch zu analysieren.
Da es unterschiedliche Analysemethoden gibt, die mitunter auch ohne solche Vervielfältigungen auskommen, wäre zunächst immer en Detail zu prüfen, wie der KI-Bildgenerator seine Informationen gewinnt und ob dabei Vervielfältigungen angefertigt werden.
Ist die Arbeit eines KI-Bildgenerator durch Text-/Data Mining erlaubt?
Selbst wenn aber KI-Bildgeneratoren Bilder in urheberrechtlich relevanter Weise kopieren und nutzen, kann eine solche Handlung im Zuge des sog. Text- und Data Mining (TDM) erlaubt sein. Das Gesetz unterscheidet dabei nach dem allgemeinen TDM (§ 44b UrhG) und dem TDM für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung (§ 60d UrhG).
TDM bezeichnet die Analyse von einzelnen oder mehreren digitalen oder digitalisierten Werken, um daraus Informationen insbesondere über Muster, Trends und Korrelationen zu gewinnen. Voraussetzung hierfür sind die umfangreiche Vervielfältigung und Strukturierung großer Text- und Datenmengen. Die dafür häufig eigens entwickelte Software ermittelt beispielsweise statistische Häufigkeiten oder Verbindungen, strukturiert die gewonnenen Inhalte und ermöglicht so eine wissenschaftliche Analyse sowie Bewertung.
Allgemeines Text- und Data Mining für jedermann § 44b UrhG
Das allgemeine TDM für jedermann wurde durch das Gesetz zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarktes vom 31.3.2021 neu in das UrhG eingefügt. Danach sind Vervielfältigungen ohne die Erlaubnis des Urhebers dann zulässig, wenn sie von rechtmäßig zugänglichen Werken angefertigt wurden. Es muss also eine Nutzungslizenz für die gewünschten Nutzungszwecke vorliegen oder der Zugang, wie z.B. im Internet, allgemein frei zugänglich sein.
Außerdem sind die Vervielfältigungen zu löschen, wenn sie für das TDM nicht mehr erforderlich sind. TDM ist nach dieser Vorschrift für jedermann und auch für kommerzielle Nutzungen erlaubt.
Allerdings steht das allgemeine TDM unter einem Nutzungsvorbehalt: es ist dann nicht erlaubt, wenn der Rechtsinhaber festlegt, dass sein Werk nicht für das TDM vervielfältigt werden darf (§ 44 b Abs. 3 UrhG). Dabei muss der Nutzungsvorbehalt bei im Internet veröffentlichten Werken in „maschinenlesbarer Form“ erfolgen. Die Crux dabei ist: Was genau unter „maschinenlesbarer Form“ zu verstehen ist, sagt der Gesetzgeber nicht. In der Gesetzesbegründung heißt es hierzu, dass Nutzungsvorbehalt „in einer Weise erfolgen müsse, die den automatisierten Abläufen beim Text und Data Mining angemessen ist.“ Ferner bezwecke die Regelung, „bei online zugänglichen Inhalten sicherzustellen, dass automatisierte Abläufe, die typisches Kriterium des TDM sind, tatsächlich auch automatisiert durchgeführt werden können“ (BT-Drs. 19/27426, 89). Dies wird so verstanden, dass jede digital hinterlegte Information als Vorbehalt ausreiche, die in einem Internetstandard für Text codiert wurde und der auf der Website der zu analysierenden Inhalte in Textform zu finden ist. Danach wären „maschinenlesbar“ Lizenzbestimmungen, Nutzungsbestimmungen, AGB oder anderen Rechtstexte (beispielsweise im Impressum), die in einem HTML-kompatiblen Textformat auf der Website abgelegt werden.
Text- und Data Mining für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung, § 60d UrhG
Text und Data Mining zu Forschungszwecken wurde schon im Zuge des Urheberrechts-Wissenschafts-Gesetzes 2017 aufgrund der europäischen Info-Soc-Richtlinie eingeführt und in der Gesetzesnovelle 2021 angepasst, um mit den Voraussetzungen der europäischen DSM-RL im Einklang zu sein.
Mit dieser Vorschrift möchte der Gesetzgeber das Potential, welches sich aus der technischen Analysemethode für TDM ergibt, für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung nutzbar machen und auf diese Weise Wissenschaft, Forschung und Bildungseinrichtungen privilegieren.
TDM für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung ist ohne die Zustimmung des Urhebers zulässig, wenn die Werke rechtmäßig zugänglich sind und die Nutzung der wissenschaftlichen Forschung dient. Berechtigt sind nur Forschungsorganisationen und einzelne Forscher, sofern sie keine kommerziellen Zwecke verfolgen und außerdem Bibliotheken sowie Museen. Hier kann der Rechtsinhaber kein Nutzungsverbot aussprechen.
TDM als gesetzlich erlaubte Nutzung
Das TMD ist im UrhG unter dem Abschnitt der gesetzlich erlaubten Nutzungen geregelt. Dies bedeutet, dass der Urheber an seinem Werk keine uneingeschränkten Rechte besitzt. Vielmehr muss er Nutzungen, die im Interesse der Allgemeinheit sind, akzeptieren. Teilweise sind diese Nutzungen vergütungsfrei. Für andere dieser Nutzungen kann dem Urheber als Kompensation ein gesetzlicher Vergütungsanspruch zustehen, den Verwertungsgesellschaften für ihn wahrnehmen.
Hinsichtlich des TMD besteht derzeit kein gesetzlicher Vergütungsanspruch. Fotografen erhalten daher keine Kompensation, wenn ihre Fotos im Zuge des TDM als erlaubte Nutzung zu KI-Trainingszwecken dienen.
Sind KI-generierte Bilder urheberrechtlich geschützt?
Umgekehrt stellt sich die Frage, ob durch KI generierte Bilder urheberrechtlich geschützt sein können. Aus Sicht der Nutzer, wie z.B. Werbeagenturen, Kommunikationsabteilungen und Direktkunden, ist diese Frage besonders interessant. Denn wären solche Bilder nicht urheberrechtlich geschützt, müssten Verwerter keine Nutzungsrechte beim Rechteinhaber einholen und keine Nutzungsbegrenzungen einhalten. Sie können mit KI-generierten Bildern – jedenfalls in urheberrechtlicher Hinsicht – relativ sorglos und frei agieren.
Hierzu muss man wissen, dass das grundrechtlich fundierte Urheberrecht ein Schutzrecht für menschlich-geistiges Schaffen ist. Es fußt auf dem Gedanken, dass nur der Urheber eines Werks Schutz nach dem Urheberrechtsgesetz (UrhG) beanspruchen kann. Urheber kann aber nur derjenige sein, der dieses Werk persönlich und durch einen geistigen Schöpfungsakt erschaffen hat. Mithin können nur Menschen, nicht aber Tiere oder Maschinen, ein solches Werk erschaffen – selbst, wenn deren Leistungsergebnisse im Einzelfall aussehen, als seien sie durch einen Menschen erschaffen worden.
Die Schlussfolgerung, dass KI-Leistungsergebnisse daher nicht urheberrechtlich geschützt seien, ist aber voreilig und auch undifferenziert. Vielmehr wird man unterscheiden müssen, ob ein Kunstwerk von einem Menschen unter seinem steuernden Einfluss auf den Schaffensprozess mittels KI erschaffen wurde oder ob es sich um ein Ergebnis handelt, das allein aus einer Maschine stammend von KI erschaffen wurde.
Ist der Einfluss eines Menschen auf den Gestaltungsprozess so bestimmend, dass ihm das Leistungsergebnis noch zugerechnet werden kann, kann ein solches KI-Kunstwerk gleichwohl urheberrechtlich geschützt sein. Der menschliche Anteil muss dafür aber so hoch sein, dass die KI während des menschlichen Schöpfungsprozesses eher als Hilfsmittel diente und die KI das Ergebnis nicht selbst autonom, ohne menschliche Einflussnahme erstellte. Wo genau die Grenze zwischen urheberrechtlich schutzfähiger menschlicher, rechner-assistierter Gestaltung einerseits und technisch autonom erstelltem, rechner-generiertem Maschinenerzeugnis andererseits zu ziehen ist, ist bisher nicht abschließend geklärt und wird auch immer im Einzelfall zur beurteilen sein.
Da man es den Bildern mitunter nicht ansehen kann, ob sie mittels KI durch einen Menschen oder ausschließlich nur von KI erzeugt wurden, ist Vorsicht im Umgang mit solchen Bildern geboten. Denn ist ein Bild mittels KI durch einen Menschen erschaffen worden, bestehen daran die bekannten Urheberrechte. Die Bildnutzung ohne die Erlaubnis des Urhebers wäre dann eine Urheberrechtsverletzung.
Kann es zu Urheberrechtsverletzungen durch KI kommen?
Fotografien, die durch einen Menschen erschaffen wurden, sind grundsätzlich urheberrechtlich geschützt.
Ahmt ein KI-Bildgenerator ein solches von Menschenhand erschaffenes Foto nach, kann hierin eine urheberrechtswidrige Bearbeitung oder Umgestaltung liegen.
Allerdings reicht es dazu nicht aus, Stil, Machart und Manier, wie etwa der pastose, schwungvolle Farbauftrag eines van Goghs oder das Licht-Schatten-Farb-Spiel des Impressionisten Monet, zu übernehmen. Denn Stil, Machart und Manier sind urheberrechtlich nicht geschützt.
Es wird vielmehr – wie bei Nachahmungen allein durch Menschenhand bisher auch – immer auf eine Einzelfallbewertung hinauslaufen. Innerhalb dieser ist zu prüfen, ob das mittels KI oder autonom von KIgeschaffene Werk genügend Abstand zum Ursprungswerk hält oder ob eine rechtswidrige Bearbeitung bzw. Umgestaltung vorliegt.
Wie können Fotografen sich gegen die Nutzung ihrer Bilder durch KI wehren?
Soweit es darum geht, sich gegen die Nutzung der eigenen Fotos zu Trainingszwecken für KI-Bildgeneratoren zu wehren, haben Fotografen derzeit leider nur sehr beschränkte Möglichkeiten:
- Nutzung widersprechen
Fotografen können der Nutzung ihrer Fotos für Zwecke des Text- und Data Mining widersprechen. Allerdings muss dies wie o.a. in „maschinenlesbarer Form“ geschehen, wenn sie ihre Fotos im Internet veröffentlichen. Dazu sollen entsprechende Formulierungen in AGB, Impressum, Nutzungsbedingungen etc. ausreichen. Das dürfte aber nur insoweit helfen, als dass Fotografen ihre Fotos auf ihren eigenen Websites veröffentlichen.
Sehr viel mehr Fotos werden aber auf den Websites ihrer Kunden veröffentlicht. Hier stellt sich die Frage, ob Fotografen ihre Kunden dazu verpflichten können, ihrerseits ein Nutzungsverbot auf ihren Websites auszusprechen.
Womöglich könnte es daher sinnvoll sein, dass Fotografen in den Exif-Daten ihrer Fotos direkt ein Nutzungsverbot für KI-Trainingszwecke vermerken. Die Frage ist allerdings, ob der Gesetzgeber dies für ausreichend erachtet.
Auch generell ist bei solchen in AGB, Impressum, Nutzungsbedingungen und sonst wo auf Websites veröffentlichen Nutzungsverboten fraglich, ob KI-Generatoren diese überhaupt beachten werden.
- Check und Opt-out über www.haveibeentrained.com
Über die Website www.haveibeentrained.com können Fotografen prüfen, ob ihre Fotos zu Trainingszwecken von KI-Bildgeneratoren genutzt wurden. Außerdem können Fotografen dort ein „opt-out“ für das jeweilige Foto erklären, sodass es aus dem KI-Pool entfernt wird.
Nachteil: die Recherche dauert lange und in Anbetracht dessen, dass Profifotografen über die Jahre tausende Bilder im Internet veröffentlichen, mündet dies in eine Sisyphos-Arbeit, die kaum zu bewältigen ist.
Klage erheben
Erste Klagen gegen die Nutzung von Bildern durch KI-Technologien sind bereits in den USA und Großbritannien anhängig. Diese sind zwar interessant zu verfolgen, jedoch aufgrund der territorialen unterschiedlichen Rechtssysteme nicht auf das europäische bzw. deutsche Recht direkt übertragbar.
Nach deutschem Recht kann nur derjenige Klage erheben, der aktivlegitimiert ist, d.h. der Fotograf oder Rechtsinhaber, der in seinen (Urheber-)Rechten verletzt ist. Außerdem hat er nach den Grundsätzen der Zivilprozessordnung die behauptete Urheberrechtsverletzung zu beweisen. Er müsste also zunächst einmal nachweisen, dass ein konkretes Werk von ihm für einen Bildgenerator genutzt wurde. Hierdurch müsste es außerdem zu einer Urheberrechtsverletzung gekommen sein, z.B. dass eine KI trotz seines maschinenlesbaren Nutzungsverbots das Bild nutzte oder dass ein KI-Bildgenerator sein ursprüngliches Werk nachahmte.
Mithin sind also einige rechtliche Hürden zu nehmen, bevor ein Fotograf seine Ansprüche auf dem Klageweg für sich erfolgreich durchsetzen kann.
Was ist das Fazit zum Einsatz von KI-Generatoren?
Dass im Internet veröffentlichte Fotos neuerdings zu Trainingszwecken von KI-Bildgeneratoren genutzt werden, gibt ihnen eine ganze neue Bedeutung und Funktion. In wirtschaftlicher Hinsicht empfinden viele Fotografen das Vorgehen von KI-Bildgeneratoren aber als Ungerechtigkeit und Ausbeutung ihres urheberrechtlich geschützten Bildmaterials, da sie dem weder zugestimmt haben, noch dafür entschädigt werden. Sie, die als Urheber gegenüber den Verwertern ohnehin in der ewig schwächeren Verhandlungsposition sind, geraten weiter ins Hintertreffen und haben das Nachsehen – obwohl das Urheberrecht genau das eigentlich verhindern will. Schließlich fußt das Urheberrecht auf dem Prinzip, dass der Urheber selbst und allein die Früchte aus der Verwertung seines Werkes ziehen und eine angemessen Vergütung erhalten soll. Genau dieses Prinzip wird hier durch den vergütungsfreien, erlaubten Einsatz von KI-Technologieren konterkariert.
Der europäische Gesetzgeber mag – als er vor vielen Jahren das TDM zuließ und den europäischen Mitgliedsstaaten im Zuge der InfoSoc-RL zur Umsetzung aufgab, nicht vorhergesehen haben, dass er damit die Büchse der Pandora öffnete. Schließlich waren die heutigen KI-Technologieren damals noch nicht bekannt. Es bleibt aber abzuwarten, ob er auf die gegenwärtige Situation reagieren und neue Richtlinien zur Nutzung von urheberrechtlich geschützten Werken durch KI-Systeme schaffen wird.
Das Gesetzgebungsverfahren ist – bedingt durch die europarechtliche Hierarchie, ein langsamer, schwerfälliger Dinosaurier und reagiert ohnehin nur zeitlich verzögert und daher stets verspätet auf neue Technologien. Denn europäische Richtlinien müssen erst in Brüssel entwickelt werden, ehe sie dann vom nationalen Gesetzgeber in nationales Recht umgesetzt werden. Bis dahin können noch einige Jahre ins Land ziehen.
Derzeit arbeitet man in Brüssel gerade erst an einer EU-Verordnung zur Regulierung von künstlicher Intelligenz. Sie soll sicherstellen, dass KI-Systeme, die in der EU verwendet werden, sicher, transparent, ethisch, unparteiisch und unter menschlicher Kontrolle sind. Es wird erwartet, dass sie frühestens 2025 oder 2026 in Kraft tritt.
Ebenso diskutiert man, ob sich – neben dem Urheberrecht – aus anderen Gesetzen Schutzmöglichkeiten von Trainingsdaten herleiten lassen, wie etwa dem Wettbewerbsrecht, Geheimnisschutzgesetz oder Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Allerdings sind auch diese Überlegungen bisher ergebnislos und hierzu bisher noch keine Rechtsprechung bekannt.
Bis aber irgendwann vielleicht rechtliche Lösungsergebnisse vorliegen, sind Kamera-Hersteller und Software-Entwickler in der Pflicht mit ebenfalls neuen Technologien zu antworten, die das Verwerten von Bildern durch KI-Systeme erschweren oder gar unmöglich machen.