Dritte Auflage von Artist Meets Archive

Die Internationale Photoszene Köln richtet erneut gemeinsam mit Kölner Institutionen das Artist Meets Archive-Programm aus.

Symbolbild Artist Meets Archiv

Das Programm möchte zum dritten Mal die fotografischen Bestände Kölner Archive und Sammlungen in den Fokus bringen und international agierende Künstler zum Austausch einladen. Zudem will man die Vielschichtigkeit und Wandelbarkeit des Mediums Fotografie in seinen unterschiedlichen institutionellen Kontexten diskutieren. Die aus dem Programm resultierenden Ausstellungen werden zum Photoszene-Festival vom 12. – 21. Mai 2023 gezeigt (Laufzeiten bis 11. Juni 2023).

Die Photoszene hat diese eingeladenen Künstler und die teilnehmenden Häuser von Artist Meets Archive 2022/2023 bekanntgegeben:
• Naoya Hatakeyama (JP) / Museum für Ostasiatische Kunst (MOK)
• Lebohang Kganye (ZAF) / Historisches Fotoarchiv des Rautenstrauch-Joest-Museum
• Pablo Lerma (NL) / NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln
• Lilly Lulay (BE) / Rheinischen Bildarchiv zusammen mit dem Kölner Gymnasial- und Stiftungsfonds (AMA jr.)

Die Photoszene-Residencies 2022: Artist Meets Archive #3

Die zahlreichen und vielfältigen Fotografiebestände in den Sammlungen und Archiven der Stadt Köln stehen repräsentativ für die Omnipräsenz des Mediums seit seiner Erfindung. In der neuen Ausgabe von Artist Meets Archive (AMA) treffen durch die teilnehmenden Institutionen so unterschiedliche fotografische Genres wie kolonialistische Bildwelten, private Aufnahmen aus der NS-Zeit und Reisefotografien aus dem 19. und 20. Jahrhundert aufeinander.

Scheinbar disparat sind sie doch alle Teil unseres individuellen sowie kollektiven Bildgedächtnisses. Sie werfen die Frage auf, welche Welt- und Wertvorstellungen sie noch bis in die heutige Zeit transportieren und wie wir umsichtig mit diesem visuellen Erbe umgehen können.

Wie können wir Fotografien in ihren Kontexten erhalten und uns gleichzeitig der Verantwortung bewusst werden, die es hat, diese Bilder mit neuen Begriffen zu belegen? Was von dem Abgebildeten ist privat und was öffentlich? Betrachtet man die inszenierten Aufnahmen bereister Länder, nationalsozialistische Propagandafotografien und vermeintlich beiläufige Aufnahmen eines vergangenen Alltags, geht es auch einmal mehr darum, wer die Geschichten dieser Bilder erzählt und in welchem Spannungsverhältnis die Narrative zueinander stehen.

Die eingeladenen Künstler wurden durch eine Jury aus Vertretern der beteiligten Häuser, der Photoszene und externen Experten bestimmt. Sie werden ab dem Sommer 2022 in Köln arbeiten. Die Ergebnisse werden vom 12. bis 21. Mai 2023 während des nächsten Photoszene-Festivals präsentiert (Laufzeiten der AMA-Ausstellungen bis 11. Juni 2023).

Ein Novum bildet in der dritten Ausgabe das AMA jr. Projekt, das in Kooperation mit dem NEXT! Festival der Jungen Photoszene durch die Einbindung einer Schulklasse Jugendliche an der künstlerischen Praxis partizipieren lässt.

Veranstaltungen wie Künstlergespräche oder Archivbesuche sind in Planung. Zudem wird es im Oktober 2022 ein wissenschaftliches Symposium mit dem Titel „Die Geste des Zeigens. Fotoalben im Kontext von Archiven” in Kooperation mit der DGPh geben. Die Daten werden rechtzeitig veröffentlicht.

Die Künstler

Die in Frankfurt und Brüssel lebende Künstlerin Lilly Lulay (*1985) verwendet für ihre Projekte eigene und fremde Privatfotografien als „Rohmaterial“. Diese setzt sie zu Collagen, Videos und Installationen neu zusammen,  um so die zweidimensionale, rein visuelle Wahrnehmung von Fotografien kritisch zu hinterfragen. Sie wird am Rheinischen Bildarchiv den Nachlass des Kölner Fotografen Karl-Heinz Hatlé bearbeiten. Gemeinsam mit Schülern der Gesamtschule Holweide wird sie die erste AMA jr. Ausgabe umsetzen.

Die südafrikanische bildende Künstlerin und Fotografin Lebohang Kganye (*1990) lebt und arbeitet in Johannesburg. In ihren Arbeiten verbindet sie das Archiv und das Performative zu einer Praxis, die das Erzählen von Geschichten und die Erinnerung in den Mittelpunkt stellt. Ihr kontinuierliches Interesse an der Materialität der Fotografie wird auf vielfältige Weise durch den Einsatz von Skulpturen, Performances und bewegten Bildern erforscht. Sie wird in den Bestand fotohistorischer Objekte des Rautenstrauch-Joest-Museums eintauchen.

Der japanische Künstler Naoya Hatakeyama (*1958) ist bekannt für eine Reihe von umfangreichen Arbeiten, die sich mit dem Verhältnis von Natur und Zivilisation beschäftigen. Seit den 1980er Jahren schuf er ein nachdenkliches Bildpanorama, das Orte und Landschaften zeigt, die durch Industrialisierung und Urbanisierung geprägt sind. Am Museum für Ostasiatische Kunst wird er sich der Kollektion von historischen Fotografien aus Ostasien widmen.

Pablo Lerma (*1986) ist ein bildbasiert arbeitender Künstler, Verleger und Pädagoge mit Sitz in Amsterdam. Seine künstlerische Praxis entwickelt sich an der Schnittstelle von Bild und Text mit einem Schwerpunkt auf visuellen Archiven und volkstümlichen Materialien, die sich mit den Konzepten von Zeit, Erosion, Identität und Gegenerzählung befassen. Seine Arbeit nimmt verschiedene Formen an, von fotografischen Installationen bis hin zu Publikationen. Er wird sich mit dem Bildarchiv des NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln auseinandersetzen.

Die Institutionen

Das Rautenstrauch-Joest-Museum – Kulturen der Welt in Köln ist das einzige städtische ethnologische Museum in Nordrhein-Westfalen. Das Museum besitzt eine der zehn größten und bedeutendsten ethnografischen Sammlungen Deutschlands. Die Sammlungen umfassen mehr als 165.000 Objekte aus Ozeanien, Afrika, Asien und den Amerikas.

Das Historische Fotoarchiv im Rautenstrauch-Joest-Museums beherbergt rund 100.000 fotografische Objekte von der Frühzeit der Fotografie bis in die 2000er Jahre und aus nahezu allen Regionen der Erde. Aufnahmen von Kolonialbeamten, Missionaren, Forschungsreisenden oder Abenteurern finden sich hier ebenso wie Aufnahmen aus Fotostudios rund um den Globus, Bild-Postkarten, Fotografennachlässe oder Aufnahmen und Alben aus Privatbesitz.

Das NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln widmet sich dem Gedenken an die Opfer des NS-Regimes sowie dem Erforschen und Vermitteln der Geschichte Kölns im Nationalsozialismus. Es hat seinen Sitz im EL-DE-Haus, wo sich von Dezember 1935 bis März 1945 die Zentrale der Kölner Gestapo befand. Das Gestapogefängnis ist seit 1981 als Gedenkstätte zugänglich.

Das Bildarchiv umfasst derzeit etwa 125.000 Objekte von den 1870er Jahren bis in die Gegenwart. Es beinhaltet vor allem Fotografien und Fotoalben, außerdem gedruckte Bildmedien wie Plakate, Postkarten, Zigarettensammelbilder und Reklamemarken sowie Grafik und Malerei mit Arbeiten von György Békeffi, Grigory Berstein, H. W. Brockmann, Philibert Charrin, Ingeborg Drews, Heinrich Feulner, Rolf Maria Koller, Yury Kharchenko, Heinz Kroh, Peter Joseph Paffenholz, Otto Schloss und Ben Warzager.

Das Museum für Ostasiatische Kunst der Stadt Köln ist das einzige Museum in der Bundesrepublik Deutschland, das ausschließlich auf die Kunst Ostasiens spezialisiert ist. Es verfügt über weltbekannte Kunstwerke aus China, Korea und Japan. Bedeutende und international renommierte Sammlungsschwerpunkte befinden sich im Bereich der Malerei, Schreibkunst und Druckgrafik, aber auch der buddhistischen Plastik, ritueller Bronzen und Frühkeramik.

1913 eröffnet, ging das Museum aus der in Ostasien erworbenen Kunstsammlung des Ehepaars Adolf und Frieda Fischer hervor. Teil davon ist ein Bestand von rund 1.500 fotografischen Abzügen aus überwiegend kommerziellen Fotostudios, die nach der Öffnung des Suez Kanals 1869 die Nachfrage nach Reisefotographien deckten, sowie Fotografien, die Adolf Fischer während der Reisen selbst aufnahm, aber auch Fotoalben aus dem Nachlass deutscher Militärangehöriger.

Das Rheinische Bildarchiv produziert, sammelt, bewahrt und vermittelt seit seiner Gründung im Jahr 1926 Fotografien in unterschiedlichsten Formaten. Es gehört zu den größten kunsthistorischen Fotoarchiven in Deutschland und ist als kommunale Einrichtung einzigartig.

Seit 2010 hat sich der Archivbestand verfünffacht. Es umfasst nunmehr rund 5,5 Millionen Fotografien in vielen Formaten vom Kleinbild bis zum größten Glasnegativ (70×90 Zentimeter) und Materialien: Glas- und Filmnegative, Diapositive in Kleinbild und Mittelformat, Positivabzüge und über 800.000 Digitalaufnahmen. Aktuell sind rund 120 individuelle Fotografen-Bestände identifiziert, so beispielsweise von den bekannten Kölner Fotografen August Sander, Karl Hugo Schmölz, August Kreyenkamp und Chargesheimer. 2008 wurde das fotografische Werk von Karl-Heinz Hatlé dem Rheinischen Bildarchiv übergeben. Die Stiftung des Fotografen wird vom Kölner Gymnasial- und Stiftungsfonds betreut, welche auch die Bildung junger Menschen fördert.